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Die erhöhte abstrakte Gefahr oder die unendliche Geschichte eines ungeregelten Tatbestandsmerkmals – bei der Kontrolle immer cool bleiben!

ASLOGOBayVGH, Urteil vom 5. Februar 2014, Az.: 10 ZB 11.1583, veröff. unter www.gesetze-bayern.de

Sachverhalt: K befand sich am 1. Mai 2014 im Railjet, einem Zug, der von Budapest über Wien nach München fährt. K war etwas nachlässig gekleidet, sein Markenzeichen sind seine bis über die Schulter reichenden Dreadlocks. Gegen 19.00 Uhr an diesem Tag erreichte der Zug seinen Endbahnhof München.
  K stieg aus und wurde wenige Minuten später noch im Bahnhofsgebäude von zwei Polizeibeamten aufgehalten und gebeten, seinen Ausweis herzuzeigen. K, der eine Reisetasche mit sich führte, reagierte unwirsch auf die Anordnung des Polizeibeamten, er sagte unter anderem: „so ein Scheiß schon wieder“, „jetzt muss ich die Tasche abstellen und den blöden Ausweis rauskramen“, „könnt ihr euch nicht mal andere Verdächtige suchen“. Die kontrollierenden Polizeibeamten hatten den Eindruck, dass K nervös war.
  Nach der Ausweiskontrolle wurde K eröffnet, dass die Polizeibeamten seine Reisetasche und den an einem Lederband um den Hals gehängten Tabaksbeutel durchsuchen wollen. Um dies nicht auf dem Bahnsteig durchführen zu müssen, wurde K aufgefordert, auf die in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs befindliche Polizeidienststelle mitzukommen. Auch diese Aufforderung führte zu Unmutsäußerungen des K. Er machte geltend, dass er einen Anschlusszug erreichen wolle, der in 30 Minuten abfahre. Gleichzeitig verlangte er, die Dienstausweise der Beamten sehen zu dürfen. Als ihm die Ausweise gezeigt wurden, holte er Stift und Papier aus der Reisetasche und schrieb sich die Angaben auf den Ausweisen ab, dabei beschwerte er sich darüber, dass die Ausweise schwer lesbar seien.
  Auf dem Polizeirevier wurde sowohl die Reisetasche als auch der um den Hals des K hängende Tabaksbeutel durchsucht, ohne dass etwas gefunden wurde.
  Nach etwa 25 Minuten waren die Maßnahmen abgeschlossen, K wurde eröffnet, dass er gehen könne.
  Zwei Wochen später erhob K eine Klage zum VG München, darin beantragte er „die vorläufige Festnahme und die damit zusammenhängenden Maßnahmen auf dem Polizeirevier“ aufzuheben. Die Mitnahme auf das Revier und die Durchsuchung seiner Taschen sei rechtswidrig gewesen, all diese Aktionen seien willkürliche Eingriffe in seine Grundrechte. Er sei mit ungefähr 250 anderen Reisenden aus dem Railjet gestiegen und als Einziger kontrolliert worden. Dies liege daran, weil sich die Polizeibeamten an seinem Äußeren gestört haben. Dies sei diskriminierend.
  Die Polizei erwiderte, die Klage sei schon nicht zulässig, da es nichts mehr zum Aufheben gebe. Außerdem seien die Maßnahmen rechtmäßig, der Railjet auf seiner „Balkanroute“ werde häufiger von Drogenkurieren benutzt. Die Nervosität des K hätten Verdacht erregt, vor allem, weil er schon bei der Ausweiskontrolle nicht kooperativ gewesen sei.

Erfolgsaussichten der Klage?

Sound
Die erhöhte abstrakte Gefahr, die für Durchsuchungen nach Art. 21 Abs. 1 Nr. 3 und Art. 22 Abs. 1 Nr. 4 PAG erforderlich ist, kann schon daraus abgeleitet werden, dass der Betroffene bei vorausgehenden Maßnahmen gereizt und missmutig reagiert. Weiterer Erkenntnisse über die Person bedarf es nicht.

Lösung

I. Entscheidungskompetenz des VG

Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO ist eröffnet, da die Polizei grundsätzlich öffentlich-rechtlich handelt. Auch eine anderweitige Rechtswegzuweisung ist nicht erkennbar. Gem. § 23 EGGVG ist der ordentliche Rechtsweg nur eröffnet, wenn es sich um Justizverwaltungsakte zur Strafverfolgung handelte, dies ist offensichtlich nicht der Fall.
  Auch Art. 18 Abs. 2 S. 2 PAG ist nicht einschlägig, da die Maßnahmen nicht auf eine Freiheitsentziehung gerichtet waren. Da das Festhalten auf dem Polizeirevier lediglich 25 Minuten dauerte, liegt noch keine Freiheitsentziehung vor, die ein wesentlich langwierigeres Festhalten voraussetzt.
  Das VG München ist zuständig gem. §§ 45, 52 Nr. 3 VwGO, Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 AGVwGO.

II. Zulässigkeit der Klage

1. Klageart

Die Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren, das bei Unklarheiten gem. § 88 VwGO auszulegen ist.
  Nach der Klagebegründung war die Klage erkennbar ausschließlich gegen die Anordnung der Durchsuchung des vom Kläger mitgeführten Tabakbeutels und seiner Reisetasche gerichtet. Zwar wendet er sich gegen seine „vorläufige Festnahme“, jedoch ist dies als Sachverhaltsmissverständnis zu qualifizieren, da in keinem Fall eine Festnahme oder eine Ingewahrsamnahme erfolgte.
  Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Bei der Ermittlung des Klagebegehrens sind die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden §§ 133, 157 BGB anzuwenden. Maßgebend ist der geäußerte Parteiwille, wie er sich aus der prozessualen Erklärung und sonstigen Umständen ergibt. Zu berücksichtigen sind insbesondere der Klageantrag und die Klagebegründung.
  Danach beschränkt sich das Klagebegehren auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung des Tabakbeutels und der Reisetasche des Klägers. Die Mitnahme auf das Polizeirevier stellt keine eigenständige Maßnahme dar, kann also auch keiner eigenständigen Anfechtung unterliegen. Die Identitätskontrolle am Bahnhof selbst ist dagegen nicht Gegenstand der Klage, da diese Maßnahme weder im Klageantrag auftaucht noch in der Klagebegründung erwähnt wird.
  Bei den Durchsuchungen handelte es sich um einseitige hoheitliche Anordnungen eines Polizeibeamten, mithin um VAe gem. Art. 35 S. 1 BayVwVfG, da diese Maßnahmen bereits abgeschlossen sind, liegt eine Erledigung vor, so dass von einer Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog ausgegangen werden kann.
  Die Voraussetzungen der vor Erledigung zu erhebenden Anfechtungsklage lagen vor, da der Kläger als Adressat belastender Maßnahmen klagebefugt gem. § 42 Abs. 2 VwGO war und das gem. § 68 Abs. 1 VwGO eigentlich erforderliche Vorverfahren gem. Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 AGVwGO nicht statthaft ist.

2. Feststellungsinteresse, § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO

Der Kläger muss ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung geltend machen. Aufgrund der Tatsache, dass der Beginn der Maßnahmen auf dem Gelände des belebten Hauptbahnhofes stattfanden, kann von einem Rehabilitationsinteresse ausgegangen werden, da der Kläger ähnlich einem Kriminellen behandelt wurde.


Anmerkung: Das Vorliegen dieses Interesses verlangt es nicht, dass die Personen, die den polizeilichen Einsatz mitbekommen, mit dem Kläger bekannt sind. Es genügt der erkennbare objektive diskriminierende Eindruck.


Ebenso kann bzgl. der Durchsuchung von einem schwerwiegenden Grundrechtseingriff ausgegangen werden, da es sich bei derartigen Maßnahmen grundsätzlich um Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt.

3. Fortsetzungsfeststellungsklage

Da eine Fortsetzungsfeststellungsklage nicht fristgebunden ist und vom Vorliegen der übrigen Voraussetzungen ausgegangen werden kann, ist die Klage zulässig.

III. Begründetheit der Klage

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist begründet, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet, die Maßnahmen rechtswidrig waren und den Kläger in seinen Rechten verletzten, §§ 78 Abs. 1 Nr. 1, 113 Abs. 1 S. 1, S. 4 VwGO.
  1. Richtiger Beklagter ist gem. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der Rechtsträger der handelnden Behörde, gem. Art. 1 Abs. 2 POG daher der Freistaat Bayern.
  2. Rechtmäßigkeit der Maßnahmen
  a) Durchsuchung der Reisetasche


Anmerkung: Die vorherige Identitätskontrolle wurde nicht angegriffen, sie wäre nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG relativ unproblematisch rechtmäßig. Auf einem Bahnhofsgelände geht die bayerische Rechtsprechung nahezu generell davon aus, dass allgemeine Anhaltspunkte für eine grenzüberschreitende Kriminalität vorliegen.


aa) Als Rechtsgrundlage für die Durchsuchung der Reisetasche kommt in Betracht Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 Nr. 3 und Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG bzw. Art. 22 Abs. 1 Nr. 4 PAG.
  bb) Von der formellen Rechtmäßigkeit der Maßnahmen kann ausgegangen werden, insbesondere ist die Polizei zuständig gem. Art. 2 Abs. 1 PAG, Art. 3 POG. Auf einem Bahnhofsgelände darf generell von einer Situation ausgegangen werden, die sich zu Gefahren im Einzelfall verdichten kann.
  cc) Materielle Rechtmäßigkeit

Tatbestandsvoraussetzungen?

Nach Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 PAG kann die Polizei eine Sache durchsuchen, wenn sie von einer Person mitgeführt wird, die nach Art. 21 PAG durchsucht werden darf. Eine Person kann dabei nach Art. 21 Abs. 1 Nr. 3 PAG unter anderem dann durchsucht werden, wenn sie sich an einem der in Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG genannten Orte aufhält.


Anmerkung: Es ist fast etwas verwunderlich, dass die Rechtsprechung für die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung auf Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 PAG abstellt, obwohl in Nr. 4 der Norm eine Regelung zur Verfügung steht, die exakt dieselben Tatbestandsvoraussetzungen hat wie Art. 21 Abs. 1 Nr. 3 PAG. Vertretbar wäre in jedem Fall beides.


(1) Zu den in Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG genannten Orten zählen dabei insbesondere die öffentlichen Einrichtungen des internationalen Verkehrs. Dabei darf die Durchsuchung nach Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 Nr. 3 PAG ebenso wie die Identitätsfeststellung nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG, an die sie anknüpft, nur zu den in Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG vorgesehenen Zwecken und damit insbesondere zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität erfolgen (vgl. BayVerfGH, E.v. 7.2.2006 – Vf. 69-VI-04 – juris Rn. 31).
  Vorliegend hat sich der Kläger im Münchener Hauptbahnhof aufgehalten, als die Polizei von ihrer Durchsuchungsbefugnis Gebrauch gemacht hat. Dieser gehört mit täglichen direkten Zugverbindungen in das EU-Ausland und den dortigen Anschlüssen an Verkehrsmittel in das außereuropäische Ausland offensichtlich zu den öffentlichen Einrichtungen des internationalen Verkehrs.
  (2) Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs ist für Durchsuchungen auf der Grundlage von Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 Nr. 3 und Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG das Vorliegen einer erhöhten abstrakten Gefahr erforderlich. Für die Prognose einer solchen Gefahr reicht der bloße Aufenthalt einer Person in einer öffentlichen Einrichtung des internationalen Verkehrs im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG nicht aus .
  Andererseits bedarf es aber auch keiner so konkreten Tatsachenbasis, dass die Verletzung der Schutzgüter dieser Bestimmung, insbesondere die Begehung von Straftaten im Sinne einer grenzüberschreitenden Kriminalität, bereits als wahrscheinlich erscheint. Zu den allgemeinen Lageerkenntnissen oder polizeilichen Erfahrungssätzen, wie sie für die bloße Identitätskontrolle in den Tatbestand des Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG hineinzulesen sind und für diese Kontrolle auch ausreichen, müssen zusätzliche und als solche hinreichend greifbare Erkenntnisse hinzutreten. Diese müssen jedenfalls in tatsächlichen Anhaltspunkten bestehen, die den Schluss auf eine erhöhte abstrakte Gefahrenlage bezüglich der grenzüberschreitenden Kriminalität zulassen.


Anmerkung: Zusammenfassen lässt sich diese Rechtsprechung also dahingehend, dass für die Identitätskontrolle jeder in Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG genannte Ort ausreicht, wenn allgemeine Erkenntnisse vorliegen, die keinen Bezug zum Kontrollierten haben müssen, aber generell auf eine grenzüberschreitende Kriminalität hinweisen. Eine Durchsuchung (egal, ob Personen- oder Sachdurchsuchung!) setzt dagegen voraus, dass der Durchsuchte selbst einen konkreten Anhaltspunkt liefert, dass von ihm eine erhöhte Gefahr ausgeht.


Dabei kann es sich um durch Indizien angereicherte, also um hinreichend gezielte polizeiliche Lageerkenntnisse oder um das Vorhandensein von Täterprofilen oder Fahndungsrastern handeln, die beispielsweise auch im Rahmen internationaler Zusammenarbeit der Polizei- und Sicherheitsbehörden gewonnen werden. Für die Prognose einer erhöhten abstrakten Gefahr können naturgemäß aber auch Eindrücke verarbeitet werden, die die handelnden Polizeibeamten bei einer vorausgehenden Identitätskontrolle gewinnen, etwa wenn sie irgendwelche Auffälligkeiten registrieren.
  In Anwendung dieser Maßstäbe kann das Vorliegen der erhöhten abstrakten Gefahr bejaht werden.
  (a) Zunächst handelt es sich bei dem vom Kläger benutzten Verkehrsmittel, dem Hochgeschwindigkeitszug „Railjet“ aus Budapest und Wien um die sogenannte Balkanroute, die polizeilich und allgemein für erhebliche grenzüberschreitende Kriminalität, insbesondere als einer der Haupteinfuhrwege für Betäubungsmittel nach Europa, bekannt ist.
  (b) Zum anderen bieten die Einrichtungen des Münchener Hauptbahnhofs potenziellen Tätern Treff- und Ausgangspunkte für Straftaten aller Art, unter anderem auch für Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz.
  (c) Zum Dritten dürfen auch die bei der vorausgegangenen Identitätsfeststellung gewonnenen Eindrücke herangezogen werden. Vorliegend konnten die handelnden Polizeibeamten beim Kläger Nervosität und Gereiztheit wahrnehmen, dies durfte den Verdacht erregen, dass der Kläger verbotene Substanzen konsumiert oder mit sich führt. Bei einer Gesamtbetrachtung hat das Verhalten des Klägers eine erhöhte abstrakte Gefahr begründet.
  Der Kläger verhielt sich abweisend und unkooperativ und zweifelte die Echtheit des Dienstausweises an. Er benutzte vor seiner Kontrolle Schimpfwörter und war nicht mit den Maßnahmen einverstanden.
  Hinzu kommt der Widerspruch, dass der Kläger behauptete, es wegen eines alsbald abfahrenden Anschlusszuges offensichtlich eilig zu haben, andererseits nahm er sich aber die Zeit, Diskussionen über die Lesbarkeit eines Dienstausweises zu führen und die Angaben aus dem Ausweis abzuschreiben.
  (d) Aus diesem Gesamtverhalten durften die Polizeibeamten schließen, dass der Kläger versuchen wollte, auf Nebensächliches abzulenken und die Kontrolle zu verhindern, und dass er etwas zu verbergen habe, das mit grenzüberschreitender Kriminalität in Zusammenhang steht.

Polizeiliche Handlungsgrundsätze?

(3) Da danach die Tatbestandsvoraussetzungen der Durchsuchungsgrundlage erfüllt waren, ist fraglich, ob die polizeilichen Handlungsgrundsätze eingehalten wurden, insbesondere, ob die Maßnahmen verhältnismäßig waren.
  Ist eine Behörde – wie im Polizeirecht - ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, so hat sie nach Art. 40 BayVwVfG ihr Ermessen nach dem Zweck der Ermächtigung auszuüben. Eine behördliche Tätigkeit, die nur der Schikanierung des Adressaten dient, würde diesen Zweck nicht erfüllen. Jedoch dient insbesondere die Verbringung des Klägers auf das Polizeirevier nicht der Schikane, sondern der Wahrung der Interessen des Klägers. Eine Durchsuchung auf einem belebten Bahnhofsgelände ist ein intensiverer Rechtseingriff als eine Durchsuchung unter Abschirmung der Öffentlichkeit. Daher war auch die Art und Weise der Durchführung der Durchsuchung rechtmäßig.
  b) Durchsuchung des Tabaksbeutels

Abgrenzung Sachdurchsuchung oder Personendurchsuchung?

Fraglich ist, ob es sich dabei um die Durchsuchung der Person des Klägers oder um die Durchsuchung einer Sache handelte. Von der Durchsuchung einer Person ist auszugehen, wenn die Person und die von ihr getragenen Kleidungsstücke äußerlich abgetastet werden und eine Nachschau erfolgt in allgemein zugänglichen Körperöffnungen . Vorliegend handelte es sich um einen Tabaksbeutel, der wie eine Kette um den Hals getragen wurde. Der Kläger konnte den Beuten zum Zwecke der Durchsuchung abnehmen. Damit kann diese Durchsuchung nicht mit dem Abtasten verglichen werden, es liegt lediglich die Durchsuchung einer Sache vor.


Anmerkung: In der Originalentscheidung wurde die Differenzierung offen gelassen, da die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen von Art. 21 Abs. 1 Nr. 3 und von Art. 22 Abs. 1 Nr. 4 PAG identisch sind. Es wird also nicht noch einmal differenziert, obwohl eine Personendurchsuchung ein noch intensiverer Eingriff ist als eine Sachdurchsuchung.


Ergebnis

Damit kann aber für die Rechtmäßigkeit der Maßnahme nach oben verwiesen werden, insoweit gelten dieselben Maßstäbe. Damit ist die Klage insgesamt unbegründet, der Kläger wird keinen Erfolg haben.