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Reichweite des Art. 54 Abs. 2 S. 2 BayBO im Zusammenhang mit dem unbekannten Institut der Teilungserklärung gem. § 19 BauGB – heißer Klausurstoff

ASLOGOBayVGH, Urteile vom 28. November 2013, Az. 2 BV 12.760 und  2 BV 12.761

Sachverhalt: (sehr vereinfacht): K war Miteigentümer zu ½ des früheren, ungeteilten Grundstücks FlNr. 28 der Gemarkung Simbach in der Gemeinde Simbach am Inn, Landkreis Rottal-Inn, Niederbayern. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des „einfachen Bebauungsplans zur Steuerung des Maßes der baulichen Nutzung bei der Bebauung im unbeplanten Ortsbereich“, rechtsverbindlich seit dem 30. Juni 1993, der Bebauungsplan setzt eine Mindestgrundstücksgröße von 200 qm je Wohnung bei Geschosswohnungsbau fest.
  Außerdem wird eine GRZ von 0,4 sowie eine GFZ von 0,5 festgesetzt. Außerdem sind maximal zwei Vollgeschosse zulässig, auch Aufenthaltsräume, welche sich nicht in Vollgeschossen befinden, müssen zur Geschoßfläche hinzugerechnet werden.
  Mit Bescheiden vom 17. Dezember 1998 und 12. März 1999 erhielt K jeweils eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Dreifamilienwohnhauses mit Garagen auf dem ungeteilten Grundstück. Beide – im Wesentlichen identische – Eingabepläne enthalten sowohl beim Dach- als auch beim Kellergeschoss den ausdrücklichen Vermerk „kein Vollgeschoss“, so dass beide Geschosse bei der Berechnung der Geschoßfläche unberücksichtigt blieben. Mit Bescheid vom 9. August 2004 erhielt K eine weitere Baugenehmigung für die Errichtung eines dritten Dreifamilienhauses mit Garagen und Stellplätzen. Die Eingabepläne entsprechen denen der ersten beiden Gebäude.
  In einem Aktenvermerk vom 30. März 2005 hielt das Landratsamt fest, dass bei allen drei Gebäuden das Dachgeschoß als Vollgeschoß zu behandeln sei. Die Angaben des Bauantrags seien nicht korrekt gewesen. Ein weiterer Bauantrag für ein viertes Dreifamilienhaus wurde im Jahr 2007 mit der Begründung abgelehnt, dass die GFZ überschritten sei.
  Mit Formblatt vom 29. Januar 2008 beantragte K die Zerlegung und Neuvermessung des Grundstücks FlNr. 28 beim zuständigen Vermessungsamt in fünf Teilgrundstücke, die heutigen Grundstücke FlNrn. 28 (453 qm, unbebaut), 28/2 (454 qm, unbebaut), 28/3 (661 qm, bebaut mit Hilfe der Baugenehmigung vom 9. August 2004), 28/4 (642 qm, bebaut mit Hilfe der Baugenehmigung vom 12. März 1999) und 28/5 (677 qm, bebaut mit Hilfe der Baugenehmigung vom 17. Dezember 1998). Obwohl das Landratsamt den K darauf hinwies, dass die Teilung nicht zu dem Bebauungsplan widersprechenden Verhältnissen führen dürfe, wurde die Neuvermessung im Juni 2008 durchgeführt. 
  Dabei ist K heute Eigentümer des Grundstücks FlNr. 28, das Grundstück FlNr. 28/2 gehört A, Grundstück FlNr. 28/3 gehört der Wohnungseigentümergemeinschaft W und die Grundstücke 28/4 und 28/5 gehören X.
  Mit Bescheid vom 18. Februar 2014 verpflichtete das Landratsamt K sowie die anderen Grundstückseigentümer, die rechtswidrig durchgeführte Teilung des Stammgrundstücks FlNr. 28 in die nunmehrigen Einzelgrundstücke rückgängig zu machen. Die Rückvermessung habe so zu erfolgen, dass das Stammgrundstück FlNr. 28 soweit hergestellt werde, dass die aufgrund der bereits durchgeführten Bebauung entsprechend dem einfachen Bebauungsplan vorgeschriebene GFZ von 0,5 bzw. GRZ von 0,4 eingehalten werde (Ziffer 1.). Die entsprechenden Vermessungsanträge seien so zu stellen, dass die Vermessung bzw. der grundbuchamtliche Vollzug fünf Monate nach Unanfechtbarkeit des Bescheids durchgeführt sei (Ziffer 2.). Für den Fall der Nichtbefolgung der Forderungen Nr. 1 und 2 des Bescheids wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2000,-- Euro je Eigentümer bzw. Miteigentümer der Einzelgrundstücke bzw. Gesamteigentümer (FlNr. 28/3) angedroht (Ziffer 3.).
  Die Begründung des Bescheides stützt sich auf Art. 54 Abs. 2 S. 2 BayBO, zur Herstellung rechtmäßiger Zustände könne die Rückgängigmachung der Teilung verlangt werden, da ein Verstoß gegen § 19 Abs. 2 BauGB vorliege und die Erteilung von Befreiungen nicht in Betracht komme. Durch die Teilung sei auf allen bebauten Grundstücken die GFZ überschritten.
  Der Widerspruch zum Bebauungsplan sei erst durch die Teilung entstanden.
  K erhebt Klage, die er damit begründet, dass die Anordnung der Rückvermessung nicht von der Befugnisnorm des Art. 54 Abs. 2 BayBO gedeckt sei, der Tatbestand betreffe lediglich Anlagen im Sinn des Art. 2 Abs. 1 S. 4 BayBO, also bauliche Anlagen, aber nicht Grundstücke als solche. Ziffer 2 des Bescheids sei zudem nicht hinreichend bestimmt, aus der Formulierung „Vermessung bzw. der grundbuchamtliche Vollzug“ lasse sich nicht erkennen, welche Maßnahme innerhalb der angeordneten Frist erfolgen müsse. Eventuelle Eingriffsbefugnisse seien verwirkt, da die Überschreitung der GFZ nur auf der Anrechnung des Dachgeschosses als Vollgeschoß beruhe.

Erfolgsaussichten der Klage?

Der Begriff der „Rückvermessung“ ist nach Art. 8 Abs. 5 VermKatG die Rückgängigmachung der Vermessung, wenn ein Jahr nach einer Fortführungsvermessung die mit ihr beabsichtigte Rechtsänderung im Grundbuch noch nicht vollzogen ist.

A. Sound
Die frühere Teilungsgenehmigung nach § 19 BauGB a.F. sollte Missstände nicht entstehen lassen. Nach Abschaffung der Norm existiert nur noch die allgemeine Regelung des § 19 Abs. 2 BauGB, der eine Pflicht des Eigentümers enthält. Sollte dieser Pflicht nicht nachgekommen werden, kann dies mit Hilfe der bauaufsichtlichen Generalklausel durchgesetzt werden.

B. Lösung

I. Entscheidungskompetenz des VG

Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO ist eröffnet, da es sich um eine baurechtliche Streitigkeit handelt, die keinem anderen Gerichtszweig zugewiesen ist.
  Von der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gem. §§ 45, 52 Nr. 1 VwGO, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 AGVwGO ist auszugehen.

II. Zulässigkeit der Klage

1. Statthaft ist die Anfechtungsklage, da es sich bei dem angegriffenen Bescheid um einen VA i.S.d. Art. 35 S. 1 BayVwVfG handelt, der aufgehoben werden soll.
  2. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO Als Adressat einer befehlenden Anordnung kann der Kläger in jedem Fall behaupten, zumindest in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt zu sein.
  3. Vom Vorliegen der weiteren Zulässigkeitskriterien ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auszugehen.

III. Begründetheit der Klage

Die Klage ist begründet, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet, der angegriffene Bescheid rechtswidrig ist und der Kläger in seinen Rechten verletzt ist, §§ 78 Abs. 1 Nr. 1, 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
  1. Zu verklagen war der Freistaat Bayern als Rechtsträger des im Baurecht staatlich handelnden Landratsamtes, vgl. Art. 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 BayBO.
  2. Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides
  a) Anordnung der Rückvermessung

P: einschlägige Rechtsgrundlage

aa) Fraglich ist, welche Rechtsgrundlage für die Anordnung der Rückvermessung in Frage kommt.


Anmerkung: Früher enthielt die Bayerische Bauordnung in Art. 11 BayBO eine Regelung zur Teilung von Grundstücken, die neben der früher ebenfalls bestehenden bodenverkehrsrechtlichen Teilungsgenehmigung nach den früheren §§ 19 ff. BauGB a.F. auch eine bauordnungsrechtliche Genehmigungspflicht für Grundstücksteilungen regelte. Art. 11 Abs. 3 BayBO enthielt eine Eingriffsbefugnis für den Fall, dass durch rechtsgeschäftliche Veränderungen der Grenzen oder durch Teilung bebauter Grundstücke Verhältnisse geschaffen werden, die den Vorschriften dieses Gesetzes oder Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes zuwiderlaufen.
  Mit Änderung vom 12.4.1994 entfiel diese bauordnungsrechtliche Teilungsgenehmigung wieder, da sie als überflüssig betrachtet wurde. Bauordnungen anderer Bundesländer enthalten dagegen noch entsprechende Regelungen.
  Mit dem Inkrafttreten des EAG Bau 2004 zum 20. Juli 2004 entfiel auch die bodenverkehrsrechtliche Teilungsgenehmigung in den §§ 19 ff. BauGB gänzlich, § 19 Abs. 2 BauGB stellt seitdem lediglich eine materiell-rechtliche Regelung dar, mit der sichergestellt werden soll, dass durch Grundstücksteilungen die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht unterlaufen werden Das Verbot ist allein durch die Bauaufsichtsbehörden im Bereich des präventiven oder repressiven Handelns durchzusetzen.


Das präventive oder repressive Handeln der Bauaufsichtsbehörden bei einer gegen § 19 Abs. 2 BauGB verstoßenden Teilung setzt nach allgemeiner Auffassung eine landesrechtliche Rechtsgrundlage voraus (vgl. Söfker in Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, Stand Juni 2013, § 19 Rn. 44; unklar Jäde in Jäde / Dirnberger / Weiß, BauGB, 7. Aufl. 2013, § 19 Rd. 8).

Meinung von Jäde: Rechtsgrundlage ist Art. 76 S. 1 BayBO

(1) Zum Teil wird hier die Auffassung vertreten, dass für die Anordnung der Rückgängigmachung einer dem § 19 Abs. 2 BauGB widersprechenden und damit rechtswidrigen Grundstücksteilung auf die spezielle Befugnisnorm der Beseitigungsanordnung nach Art. 76 S. 1 BayBO (analog) zurückgegriffen werden könne. Die Anordnung der Rückgängigmachung der Teilung soll insoweit ein Minus und milderes Mittel gegenüber der eigentlich anzuordnenden Beseitigung darstellen (so Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB, 7. Aufl. 2013, § 19 Rn. 8).
  Die Beseitigungsanordnung setzt jedoch sowohl die formelle als auch die materielle Rechtswidrigkeit einer erteilten Baugenehmigung voraus.
  Die materielle Rechtswidrigkeit kann sich dabei evtl. unmittelbar aus dem Verstoß gegen § 19 Abs. 2 BauGB ergeben.
  Die formelle Rechtswidrigkeit läge jedoch nur dann vor, wenn davon ausgegangen werden könnte, dass die wesentlichen Grundlagen der Baugenehmigung entfallen sind und diese daher durch Erledigung auf andere Weise nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG erlischt. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass mit der Baugenehmigung auch die konkrete Bausubstanz in einer konkreten Lage auf einem konkreten Grundstück erlaubt wird. Wird daher nicht die Bausubstanz sondern das Grundstück verändert, so könnte die Baugenehmigung nach Art. 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BayVwVfG daher widerrufen werden. Der Gegenstand der Baugenehmigung fällt durch die nachträgliche Grundstücksteilung aber nicht weg. Erst nach Widerruf der Baugenehmigung besteht für die Bauaufsichtsbehörde die Möglichkeit, auch im Weg der Beseitigungsanordnung einzuschreiten und gegebenenfalls den Rückbau oder teilweisen Rückbau eines bestehenden Gebäudes zu verlangen.
  Die Rechtsgrundlage des Art. 76 S. 1 BayBO enthält jedoch nicht als Minus oder milderes Mittel bereits die Möglichkeit zur Anordnung der Rückgängigmachung der Grundstücksteilung. Vor Anwendung des Art. 76 Satz 1 BayBO müsste zunächst die Baugenehmigung widerrufen werden. Zudem setzt diese Rechtsgrundlage ein aufgrund einer Baugenehmigung bebautes Grundstück voraus. Eine Grundstücksteilung kann aber auch bei einem noch unbebauten Grundstück gegen § 19 Abs. 2 BauGB verstoßen, wenn beispielsweise der Bebauungsplan Mindestgrundstücksgrößen festsetzt, die nach der Teilung nicht mehr eingehalten wären.

Überwiegende Meinung: Rechtsgrundlage ist Art. 54 Abs. 2 S. 2 BayBO

(2) Allerdings ist zu beachten, dass es sich bei dem Inhalt der Anordnung gerade weder um eine Nutzungsuntersagung oder Beseitigungsanordnung noch um einen Baustopp handelt, so dass die speziellen Rechtsgrundlagen der Art. 76 S. 1 und S. 2 sowie 75 BayBO vom Wortlaut her nicht passen. Damit kommt aber als Rechtsgrundlage für den Erlass eines Bescheids mit dem Ziel der Rückgängigmachung einer dem § 19 Abs. 2 BauGB widersprechenden und damit rechtswidrigen Grundstücksteilung nur die bauaufsichtliche Generalklausel des Art. 54 Abs. 2 S. 2 BayBO in Frage. Dies vermeidet auch die Vorgehensweisen, dass zunächst eine Aufhebung der Baugenehmigung erfolgen müsste (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand Juli 2013, Art. 54 Rn. 29 ).
  Nach Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO können die Bauaufsichtsbehörden zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Sinn des Art. 54 Abs. 2 Satz 1 Bay-BO die erforderlichen Maßnahmen treffen. Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO gibt dabei den Bauaufsichtsbehörden eine allgemeine Rechtsgrundlage zum Einschreiten. Sie ermächtigt als umfassende Befugnisnorm die Bauaufsichtsbehörden, die Einhaltung der öffentlichrechtlichen Vorschriften zu sichern (vgl. etwa BayVGH, BayVBl 2012, 89).

„Leere“ Grundstücke überhaupt von Art. 54 Abs. 2 S. 2 BayBO erfasst?

(3) Die allgemeine Überwachungsaufgabe betrifft nach Art. 54 Abs. 2 S. 1 BayBO grundsätzlich alle Anlagen. Darunter sind nicht nur bauliche Anlagen nach Art. 1 Abs. 1 S. 1, Art. 2 Abs. 1 S. 1 bis 3 BayBO zu verstehen, sondern auch sonstige Anlagen nach Art. 1 Abs. 1 S. 2, Art. 2 Abs. 1 S. 4 BayBO. In die allgemeine Überwachungsaufgabe sind zudem entsprechend Art. 3 Abs. 3 BayBO Baugrundstücke einzubeziehen (s.a. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 BayBO), denn diese sind den Anlagen gleichgestellt. Im Fall eines bereits bebauten Grundstücks liegt ohnehin eine bauliche Anlage im Sinn von Art. 2 Abs. 1 S. 1 BauGB vor, deren weitere Nutzung einen Verstoß gegen das Bauplanungsrecht begründet, da die Baugenehmigung nicht nur eine bestimmte Bausubstanz mit einer bestimmten Nutzung, sondern auch diese konkrete Bausubstanz in einer konkreten Lage auf einem konkreten Grundstück zulässt.
  bb) Formelle Rechtmäßigkeit der Anordnung der Rückvermessung

Formelles Hauptproblem: Bestimmtheit der Anordnung

(1) Das Landratsamt Rottal-Inn war als Bauaufsichtsbehörde zuständig, vgl. Art. 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 BayBO, Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG.
  (2) Fraglich ist aber, ob den im Bescheid vom 18. Februar 2014 getroffenen Anordnungen nicht die erforderliche Bestimmtheit gem. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG fehlt.
  Nach dem Grundsatz der Bestimmtheit müssen Verwaltungsakte – als Voraussetzung ihrer Rechtmäßigkeit – inhaltlich hinreichend bestimmt sein, sie müssen vollständig, klar, verständlich und in sich widerspruchsfrei sein (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 37 Rn. 12). Eine bauaufsichtliche Anordnung ist dabei so zu fassen, dass der Adressat erkennen kann, was von ihm verlangt wird (vgl. BVerwG, BayVBl 1991, 251; BayVGH, BayVBl 2012, 86). Der Wille der Behörde muss vollständig zum Ausdruck kommen und unzweideutig erkennbar sein. Allerdings reicht es grundsätzlich auch aus, wenn sich der Inhalt des Verwaltungsakts anhand seiner Begründung und unter Heranziehung den Beteiligten bekannter Umstände durch Auslegung gemäß § 133 BGB bestimmen lässt. Die Anordnung muss zudem einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben.
  Fraglich ist daher, was mit der Anordnung der „Rückvermessung“ gemeint sein konnte.
  § 19 Abs. 1 BauGB definiert den Begriff der Teilung eines Grundstücks als die dem Grundbuchamt gegenüber abgegebene oder sonst wie erkennbar gemachte Erklärung des Eigentümers, dass ein Grundstücksteil grundbuchmäßig abgeschrieben und als selbstständiges Grundstück oder als ein Grundstück zusammen mit anderen Grundstücken oder mit Teilen anderer Grundstücke eingetragen werden soll. Insoweit knüpft § 19 Abs. 1 BauGB an die sachenrechtliche Begriffsbestimmung und die grundbuchrechtlichen Begrifflichkeiten an (Jäde in J/D/W, BauGB, § 19 Rn. 1 und 2).
  Davon getrennt zu sehen ist der tatsächliche Vorgang der Vermessung. Der Nachweis im Liegenschaftskataster über Gestalt, Größe und örtliche Lage der Liegenschaften sowie über die Art und Abgrenzung der Nutzungsarten beruht insbesondere auf dem Ergebnis von Vermessungen. Die Vermessung ist von daher eine vorbereitende Maßnahme für die rechtliche Teilung eines Grundstücks.
  Die Formulierung im ersten Satz der Ziffer 1. des angefochtenen Bescheids könnte mit Hilfe von § 19 Abs. 1 BauGB für sich gesehen noch dahingehend ausgelegt werden, dass es dem Landratsamt auf die Rückgängigmachung der rechtlichen Teilung des Grundstücks ankam. Der zweite Satz der Ziffer 1. soll aber offensichtlich den ersten Satz konkretisieren und bezieht sich inhaltlich allein auf den Vermessungsvorgang.
  Anschließend ist die Rede von einer „Rückvermessung“, darunter ist aber nur die Rückgängigmachung der Vermessung zu verstehen, wenn ein Jahr nach einer Fortführungsvermessung die mit ihr beabsichtigte Rechtsänderung im Grundbuch noch nicht vollzogen ist, dies ist hier ersichtlich nicht gemeint. Ein Hinweis auf die Rückabwicklung der Abschreibung und Zerlegung im grundbuchrechtlichen Sinn findet sich hier hingegen nicht. Dies wäre jedoch die einzige rechtliche Möglichkeit, um wieder rechtmäßige Zustände herzustellen, und nicht die bloße tatsächliche Vermessung.
  Lediglich im zweiten Teil der Ziffer 2. findet sich ein Hinweis darauf, dass wohl auch der grundbuchamtliche Vollzug angedacht war. Allerdings ist die primäre Aussage in der Ziffer 2., dass die entsprechenden Vermessungsanträge rechtzeitig zu stellen sind. Entscheidend für die Rückgängigmachung der Teilung ist jedoch die grundbuchrechtliche Seite, sprich die Rückgängigmachung der erfolgten Zerlegung und Abschreibung im Grundbuch. Dies kann entweder im Weg der Vereinigung der neu entstandenen Grundstücke erfolgen (§ 890 Abs. 1 BGB, § 5 GBO) oder durch Verschmelzung, bei welcher die Grundstücke auch wieder unter einer Flurnummer im Grundbuch vorgetragen würden.
  Gerade dazu findet sich im Bescheid vom 18. Februar 2014 keine Aussage. Im vorliegenden Fall ist damit weder aufgrund des Tenors noch der Begründung für den Adressaten eindeutig und klar erkennbar, was er machen muss. Der Bescheid erweckt den Eindruck, dass lediglich eine Vermessung verlangt wird. Dazu kommt die Verwendung rechtlicher Begriffe in einem falschen Zusammenhang („Rückvermessung“).
  Weiterhin wird nicht erkennbar, wie der grundbuchamtlich Vollzug erfolgen soll, durch Vereinigung oder Verschmelzung. Zudem bleibt in Ziffer 2. des Bescheids durch die Verwendung des Kürzels „bzw.“ unklar, ob die angeordnete Frist von fünf Monaten sich nur auf die rechtzeitige Durchführung der Vermessung oder auch auf den grundbuchamtlichen Vollzug beziehen soll.
  Damit wurde aber dem Adressaten des Bescheides nicht klargemacht, was er letztlich genau unternehmen muss. Von daher liegt ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz vor, der zur formellen Rechtswidrigkeit der Anordnung führt.


Anmerkung: Teilweise wird der Bestimmtheitsgrundsatz auch als Frage der materiellen Rechtmäßigkeit angesehen. Allerdings steht Art. 37 BayVwVfG systematisch im Zusammenhang mit verfahrensrechtlichen Regelungen, er betrifft das „wie“ des Erlasses, nicht das „ob“ des Bescheides.


bb) Materielle Rechtmäßigkeit der Anordnung der Rückvermessung

Materielle Frage: Reichweite der Rechtsgrundlage

Gem. Art. 54 Abs. 2 S. 2 BayBO haben die Bauaufsichtsbehörden die Befugnis zum Erlass von Maßnahmen „in Wahrnehmung dieser Aufgaben“, d.h. sie können alle erforderlichen, verhältnismäßigen Regelungen treffen, um ihre Aufgaben wahrzunehmen und durchzusetzen.
  Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde ist es nach Art. 54 Abs. 2 S. 1 BayBO darüber zu wachen, dass bei der Nutzung von Anlagen (vgl. Art. 2 Abs. 1 S. 4 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 BayBO) die öffentlich-rechtlichen Regelungen eingehalten werden. Darunter fällt auch die Kontrolle, ob durch eine Grundstücksteilung nach § 19 Abs. 1 BauGB rechtswidrige Zustände i.S.d. § 19 Abs. 2 BauGB verursacht werden.
  Da vorliegend ein einfacher Bebauungsplan gem. § 30 Abs. 3 BauGB besteht, der zwar keine Festsetzungen bzgl. der Gebietsart enthält, jedoch Festsetzungen zu den Grund- und Geschossflächenzahlen gem. §§ 19, 20 BauNVO, kommt es darauf an, ob diese festgesetzten Zahlen nach der Teilung noch eingehalten werden.
  Hier ist davon auszugehen, dass aufgrund der Größe des Grundstücks eine Errichtung von drei Häusern auf der Gesamtfläche des Grundstücks möglich war. Aufgrund der Teilung kommen nun aber die Gebäude teilweise auf eher kleinen Grundstücken zu liegen, so dass nunmehr ein Zustand entstanden ist, der dem Bebauungsplan widerspricht. Durch dieses Entstehen rechtswidriger Zustände wird der Aufgabenbereich der Bauaufsichtsbehörde berührt, so dass gem. Art. 54 Abs. 2 S. 2 BayBO die Befugnis vorliegt, den Zustand wieder rückgängig zu machen.
  Grundsätzlich wäre daher ein Vorgehen gegen die Teilung rechtmäßig gewesen, allerdings nicht auf diese Art und Weise.
  b) Zwangsgeldandrohung


Anmerkung: Denken Sie daran, dass eine Zwangsgeldandrohung gem. Art. 38 Abs. 1 VwZVG einen eigenen VA darstellt oder jedenfalls bzgl. der Anfechtbarkeit einem solchen gleichgestellt wird. Daher sollte dieser Punkt eines Bescheides immer separat behandelt werden.


Da an der formellen Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung insbesondere im Hinblick auf die Zuständigkeit gem. Art. 30 Abs. 1 VwZVG nicht zu zweifeln ist, ist alleine fraglich, ob die Androhung materiell rechtmäßig war, insbesondere den Anforderungen des Art. 36 VwZVG entspricht.
  aa) Ziffer 3 des Bescheids vom 18. Februar 2014 (Zwangsgeldandrohung für den Fall der Nichtbefolgung der Ziffern 1. und 2. des Bescheids) könnte in Zusammenschau mit Ziffer 2 des Bescheides bereits gegen Art. 36 Abs. 1 S. 2 VwZVG verstoßen, danach ist bei der Androhung eines Zwangsmittels für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann.
  Eine solche Frist findet sich aber allenfalls in Ziffer 2 des Bescheids für die Stellung der Vermessungsanträge, nicht jedoch in Ziffer 1. Für die Ziffer 1. des Bescheids, die aber ausdrücklich in der Zwangsgeldandrohung genannt ist, fehlt es daher von vornherein an einer Frist.
  Zudem erscheint äußerst zweifelhaft, ob eine Frist von fünf Monaten angemessen wäre. Um die Abschreibung der Grundstücke grundbuchrechtlich rückgängig machen zu können, müssten zunächst die zugrundeliegenden zivilrechtlichen Verträge rückabgewickelt werden. Im Zug der getätigten Rechtsgeschäfte wurden zudem teilweise Wohnungseigentümergemeinschaften gebildet, so dass sich die Rechtsverhältnisse dort nach WEG richten. Es müssten diese gesamten Rechtsgeschäfte zunächst rückabgewickelt werden, bevor die Abschreibung im Grundbuch rückgängig gemacht werden könnte. Dafür ist eine Frist von fünf Monaten zu kurz.
  bb) Zudem ist bei der Androhung von Zwangsgeld insbesondere die Frage der richtigen Adressierung zu beachten. Hier bleibt es jedoch bei der Formulierung „Eigentümer bzw. Miteigentümer der Einzelgrundstücke bzw. Gesamteigentümer (Fl.Nr. 28/3)“ unklar, wer genau gemeint ist. Der Begriff des „Gesamteigentümers“ ist dem Zivilrecht unbekannt. Vorliegend gibt es Einzeleigentümer sowie zwei Wohnungseigentümergemeinschaften mit unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen. Es hätte daher genauer klargestellt werden müssen, welcher Eigentümer bei welcher Pflichtverletzung mit welchem Zwangsgeld rechnen musste.
  Damit leidet die Zwangsgeldandrohung unter einem eigenen Mangel, so dass der Bescheid insgesamt als rechtswidrig angesehen werden muss. Da damit auch eine Rechtsverletzung des Adressaten zwingend verbunden ist, ist die Klage begründet.


Anmerkung: Der VGH weist noch ausdrücklich darauf hin, dass eine eventuelle neue Anordnung lediglich mittels eines Zwangsgelds vollstreckbar wäre. Die Abgabe einer Willenserklärung gegenüber dem Grundbuchamt kann als nicht vertretbare Handlung kaum anderweitig im Weg der Vollstreckung durchgesetzt werden. Entsprechend weist die Kommentarliteratur auch durchgängig darauf hin, dass die Anordnung der Rückgängigmachung einer rechtswidrigen Teilung wohl kaum vollstreckbar sei (vgl. Jäde in Jäde / Dirnberger / Weiss, BauGB, 7. Aufl. 2013, § 19 Rn. 8).