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Rubrumsberichtigung oder Parteiwechsel? Für die Wahrung der Klagefrist die entscheidende Frage!

ASLOGOBAG, Urteil vom 24. Oktober 2013, Az. 2 AZR 1057/12; vgl. auch NZA 2014, 725.

Sachverhalt: Am 15. Mai 2010 schloss die Klägerin mit der B-GmbH, die die Rechtsvorgängerin der Beklagten ist, einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Am 1. Juli 2010 erklärte die Klägerin ihr Einverständnis mit einem „Betriebsübergang nach § 613a BGB und der Überleitung“ ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
  Mit Schreiben vom 15. November 2010, welches der Klägerin am selben Tage zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien fristgemäß.
  Die Klägerin richtete ihre rechtzeitig erhobene Kündigungsschutzklage zunächst gegen die B-GmbH sowie eine der vertretungsberechtigten Gesellschafterinnen der Beklagten persönlich. Der Klageschrift waren der Arbeitsvertrag sowie das unter dem Briefkopf der Beklagten verfasste Kündigungsschreiben beigefügt. Diese Klageschrift wurde am 3. Dezember 2010 u.a. an die Gesellschafterin der Beklagten zugestellt.
  In der Güteverhandlung, also nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist, nahm die Klägerin die Klage gegen die B-GmbH zurück und erklärte, dass sich die Klage im Übrigen gegen die Beklagte und nicht gegen deren Gesellschafterin richte. Daraufhin wurde die Klageschrift am 25. Februar 2011 auch der Beklagten selbst zugestellt.

Ist die Kündigung noch überprüfbar oder ist die Fiktion gemäß § 7 KSchG eingetreten?

A. Sounds
1. Eine Kündigungsschutzklage gegen die falsche Partei verhindert nicht die Wirkung des § 7 KSchG.

2. Ein späterer Parteiwechsel hat hinsichtlich der Klagefrist keine Rückwirkung.

3. Allerdings ist die Klage bei Falschbezeichnungen oft von Anfang an gegen die richtige Partei gerichtet und damit grds. fristwahrend: Ergibt sich aus den gesamten erkennbaren Umständen, etwa aus dem der Klageschrift beigefügten Kündigungsschreiben, wer als beklagte Partei gemeint ist, ist infolge prozessualer Auslegung die Berichtigung des Rubrums regelmäßig möglich.

B. Lösung
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er gemäß § 4 S. 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben.
  Die Erhebung der Klage erfolgt gemäß § 253 I ZPO durch Zustellung der Klageschrift. Nach § 167 ZPO genügt zur Fristwahrung der Klageeingang bei Gericht, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Wird die Rechtsunwirksamkeit nicht rechtzeitig geltend gemacht, gilt die Kündigung gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Fraglich ist, ob diese Fiktion hier eingreift.

I. Problem der unzutreffenden Beklagtenbezeichnung

Vorliegend ist die Kündigungsschutzklage nur dann innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingegangen, wenn man bereits auf die ursprüngliche Klageschrift abstellt.
  Das ist dann der Fall, wenn diese sich von vornherein gegen die Beklagte gerichtet hatte und daher nur das Passivrubrum entsprechend zu berichtigen war. Fraglich ist also, ob die falsche Bezeichnung in der Klageschrift unschädlich war.


Hinweis: Läge ein wirklicher Parteiwechsel vor, so hätte dieser unstreitig keine Rückwirkung! Soweit anderes diskutiert wird, betrifft dies immer nur die Frage, ob die bisherigen Beweisergebnisse – aus letztlich rein pragmatischen Gründen – doch noch verwertet werden können, nicht aber die Wirkungen der Rechtshängigkeit als solcher; letztere ist praktisch höchstpersönlich. Die Klage gegen einen falschen Beklagten hat gegenüber dem richtigen Beklagten keine Wirkung.


 1. Regeln zur Abgrenzung zwischen Parteiwechsel und Rubrumsberichtigung

Die Parteien eines Prozesses sind vom Kläger in der Klageschrift zu bezeichnen. Ist eine Bezeichnung nicht eindeutig, ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei angesprochen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Entscheidend ist die Wahrung der rechtlichen Identität.
  Bleibt die Partei nicht dieselbe, liegt keine „Berichtigung“ vor, sondern es wird im Wege der Parteiänderung eine andere Partei in den Prozess eingeführt.
  Eine ungenaue oder erkennbar falsche Parteibezeichnung ist hingegen unschädlich und kann jederzeit von Amts wegen richtig gestellt werden.
  Für die Parteistellung in einem Prozess ist nicht allein die formelle Bezeichnung der Partei in der Klageschrift maßgebend. Ergibt sich in einem Kündigungsschutzprozess aus den gesamten erkennbaren Umständen, etwa aus dem der Klageschrift beigefügten Kündigungsschreiben, wer als beklagte Partei gemeint ist, ist die Berichtigung des Rubrums regelmäßig möglich.
  Dies gilt etwa dann, wenn sich aus der Klageschrift oder den beigefügten Unterlagen entnehmen lässt, wer gekündigt hat, und der Arbeitnehmer mit seiner Klage gegen die Kündigung seines Arbeitgebers vorgehen will. Für die Annahme, der Arbeitnehmer habe nicht seinen Arbeitgeber, sondern eine andere Einrichtung verklagen wollen, bedarf es besonderer Anhaltspunkte. Das gilt umso mehr, als es die Verfassung gebietet, den Zugang zu den Gerichten nicht in einer aus Sachgründen nicht gerechtfertigten Weise zu erschweren. Dementsprechend darf eine Klageerhebung nicht an unvollständigen oder fehlerhaften Bezeichnungen der Parteien scheitern, solange diese Mängel keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen.
  Dies gilt auch dann, wenn irrtümlich eine tatsächlich existierende (juristische oder natürliche) Person genannt wird, falls denn aus der Klageschrift und/oder etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist.

2. Auslegung im konkreten Fall

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin ihre Klage von vornherein gegen die Beklagte als ihre Arbeitgeberin gerichtet.
  Zwar wirkt eine gegen einen Gesellschafter einer GbR gerichtete Klage nicht automatisch gegen die Gesellschaft. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) - wie die Beklagte - ist rechtsfähig, sofern sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet. Insoweit ist sie im Zivilprozess parteifähig und kann als solche verklagt werden.
  Die Klageschrift ist jedoch in diesem Sinne auszulegen.
  Die Klägerin hat die ursprüngliche Beklagte zu 2) ausdrücklich als Gesellschafterin der jetzigen Beklagten bezeichnet. Dadurch ging beider rechtliche Verbindung bereits aus der Klageschrift hervor. Der Klage war überdies das von der Beklagten verfasste Kündigungsschreiben beigefügt. Ausweislich dessen nahm die jetzige Beklagte die Arbeitgeberstellung gegenüber der Klägerin in Anspruch. Damit konnte nicht zweifelhaft sein, dass die Klägerin in Wirklichkeit die GbR als ihre Arbeitgeberin und nicht eine ihrer Gesellschafterinnen persönlich – die ersichtlich keine Arbeitgeberstellung innehatte – in An-spruch nehmen wollte.


Anmerkung: Anders liegt der Fall, wenn ein Irrtum des Klägers vorliegt, dieser aber dem Schriftsatz vom objektiven Empfängerhorizont aus nicht zu entnehmen war. Zu einem anderen Auslegungsergebnis kam das BAG in folgender Konstellation: Der anwaltlich vertretene Kläger hatte trotz des inzwischen eröffneten Insolvenzverfahrens zunächst die Hauptschuldnerin verklagt. Die Klage hätte aber gegen den Insolvenzverwalter gerichtet werden müssen, der in solchen Fällen gesetzlicher Pro-zessstandschafter ist (sog. Amtstheorie). Es bestand nach dem Gesamtvorbringen aber kein Zweifel, dass die Klägerseite gerade dies zunächst nicht gewollt und die Klage erst nach richterlichem Hinweis gegen den Insolvenzverwalter gerichtet hatte. Folglich nahm das BAG eine Parteiänderung an. Da diese erst nach Ablauf der Frist des § 4 KSchG erfolgte, nahm das BAG dann konsequenterweise Präklusion gemäß §§ 4, 7 KSchG an!


II. Problem der verzögerten Zustellung

Die Klage ist der beklagten GbR auch „demnächst“ i.S.v. § 167 ZPO zugestellt worden.
  Die Vorschrift des § 167 ZPO ist keine rein prozessrechtliche Norm. Sie schützt den Veranlasser der Zustellung vor Rechtsverlusten durch Umstände, die nicht in seiner Sphäre liegen. Sie berücksichtigt zugleich das schutzwürdige Vertrauen des Zustellungsadressaten darauf, eine durch Fristablauf - vermeintlich schon - erlangte Rechtsposition nicht zeitlich unbegrenzt wieder aufgeben zu müssen. Der Begriff „demnächst“ ist deshalb ohne eine absolute zeitliche Grenze unter Rückgriff auf diese Schutzgüter auszulegen.
  Im Streitfall ist die Klage der Beklagten selbst erst am 25. Februar 2011 zugestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt war die dreiwöchige Klagefrist länger als zwei Monate verstrichen.
  Die Beklagte hatte allerdings in Person ihrer Gesellschafterin – der ursprünglichen Beklagten zu 2) – bereits am 3. Dezember 2010 Kenntnis von der Klageerhebung erlangt. Die Klagefrist nach § 4 KSchG soll gewährleisten, dass der Arbeitgeber alsbald nach Zugang der Kündigung erfährt, ob sich der Arbeitnehmer gegen diese zur Wehr setzen will. Diesem Zweck war hier durch die Zustellung der Klageschrift nebst Anlagen an die vertretungsberechtigte Gesellschafterin der Beklagten Genüge getan.

Ergebnis

Die Kündigungsschutzklage ist fristgerecht, so dass die Wirkung des § 7 KSchG nicht eingetreten ist.